Erklärungsversuch einer verwirrenden Nacht in
der Türkei
Die Nacht vom 15. Juli auf den 16. Juli 2016 in der Türkei war
außergewöhnlich, verwirrend und erschreckend. Ein sog. »Rat für Frieden in der
Heimat« (Yurtta Sulh Konseyi) einiger Putschistengeneräle war dafür
verantwortlich. Ihr Putschversuch, dem über 260 Menschen zum Opfer fielen,
scheiterte und wirft Fragen auf, die nicht einfach und nur mit einer Sicht
alleine auf die Türkei zu beantworten sind.
Wer sind die Putschisten und welche Kräfte stehen hinter ihnen?
Die Verhaftung von rund 3.000 Soldaten und Offizieren kann diese Frage nicht
beantworten. Auch die regierungsseitige Erklärung, dass eine von der
Gülen-Bewegung kontrollierte »Parallele Staatsstruktur« dahinter stünde, reicht
nicht aus – ist zudem reine Spekulation, die der Regierungspropaganda nutzt.
Ohne Zweifel hätte die Gülen-Bewegung großes Interesse an einem erfolgreichen
Putsch gegen Erdoğan, doch ist sie weder strukturell, noch logistisch und personell
dazu in der Lage. Es ist sehr wahrscheinlich, dass einige der Putschisten
durchaus Gülen-Anhänger sind, das aber begründet diesen Vorwurf nicht.
Feststeht, dass die befehlshabenden Offiziere des Putschversuches
auf der nächsten Sitzung des »Hohen Militärrates« Ende August 2016 entweder
pensioniert oder suspendiert werden sollten. In den regierungsnahen Medien der
Türkei wird gemutmaßt, dass sie aus »Rache« gehandelt hätten. Rachsucht mag bei
der Motivation zu diesem Putschversuch auch eine Rolle gespielt haben, ist aber
nicht ausreichend für eine Erklärung. Denn es sollte nicht vergessen werden,
dass die türkische Armee die zweitstärkste NATO-Armee ist. Aus der Geschichte
der Republik Türkei ist bekannt, dass jede Intervention der türkischen
Streitkräfte in Kenntnis der NATO-Partner durchgeführt wurde. Diese Tatsache
ist ausreichend dokumentiert.
Insofern ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es innerhalb
der NATO einen – wenn auch kleinen – Kreis von Eingeweihten gegeben haben muss.
Dafür sprechen auch die relativ späten Stellungnahmen der führenden
NATO-Staaten. Die erste und einzige offizielle Erklärung der Putschisten, die
vom kurzzeitig besetzten Staatsfernsehen verlesen wurde, betont, dass »alle
internationalen Verträge eingehalten und Bündnisverpflichtungen umgesetzt
werden«. Das war ein klares Signal des Bekenntnisses zur NATO, die jedoch
nichts gebracht hat. Übrigens, die Erklärung enthielt eine zutreffende Analyse
der türkischen Realität und Forderungen, die in breiten gesellschaftlichen
Kreisen ohne weiteres Unterstützung finden würden. Aber der Putschversuch
konnte keine gesellschaftliche Zustimmung generieren.
Mögliche Drahtzieher
In den bürgerlichen Medien wird übereinstimmend von einem
»dilettantischen Putschversuch« gesprochen. Das ist richtig, denn: weder
konnten Regierungsmitglieder verhaftet, noch konnten strategisch wichtige
Strukturen übernommen werden. Alleine durch die Bombardierung des türkischen
Parlaments, einiger Regierungsgebäude oder des Polizeipräsidiums in Ankara und
ohne die Kontrolle der Staatsgrenzen, Flughäfen, Bahnhöfen,
Kommunikationszentren, Staatsmedien und vor allem des Geheimdienstes ist ein
Putsch nicht zu verwirklichen. Die kurzfristige Festnahme der
Oberkommandostruktur der türkischen Streitkräfte war wohl der einzige kurzfristig-effektive
Schritt, was aber keine Auswirkungen auf den großen Teil der Streitkräfte
hatte.
Das »dilettantische« an diesem Putschversuch war sicherlich die
schlechte Vorbereitung. Hier spricht einiges dafür, dass die Putschisten in
eine Falle getappt sind. Die Tatsache, dass Erdoğan seit einer Woche zurückgezogen war –
offiziell war er im Urlaub – und Regierungsmitglieder schon zu Beginn von den
Putschisten nicht auffindbar waren, aber gleichzeitig sich per Telefon bei den
Medien meldeten, deutet daraufhin, dass die Regierung von den Plänen
unterrichtet war oder mindestens ein solches Vorgehen ahnte. Vielleicht wussten
sie den genauen Zeitpunkt nicht, waren aber darauf vorbereitet. Es scheint auch
wahrscheinlich zu sein, dass einige Generäle, die in die Putschpläne involviert
waren, kurz vor dem Beginn sich zurückgezogen und die Putschisten alleine
gelassen haben. So wurden außer den aktiven Putschisten insgesamt 39 Generäle,
die sich nicht direkt an den Putschversuchen beteiligt haben, verhaftet.
Ferner stellt sich die Frage, ob die Putschisten von denjenigen
Kreisen in der NATO bzw. in den USA, die ein militärisches Vorgehen in Syrien
befürworten, dazu ermutig worden sind. Wenn man die Debatte um eine Strategieänderung
in der US-Syrienpolitik berücksichtigt und russische Berichte über den Abschuss
des russischen Militärjets am 24. November 2015 bedenkt, nach denen eine, den
Neocons nahestehende Führungsriege der US-Armee die türkischen Streitkräfte zum
Abschuss des russisches Jets angestiftet haben soll, scheint das nicht nur eine
Verschwörungstheorie zu sein. Denn der Machtkampf, den die Putschisten mit
militärischen Mitteln für sich entscheiden wollten, hat nicht nur
innenpolitische Gründe. Und die geostrategische und geopolitische Lage der
Türkei ist viel zu wichtig, so dass die USA, die NATO oder die BRD nicht
zulassen würden, dass einige rachsüchtige Generäle im Alleingang die Zukunft
des Landes bestimmen können.
Auch aus den Spekulationen der türkischen Regierung ist
herauszulesen, dass sie mögliche Drahtzieher in US-Kreisen vermuten, so dass
sich die Obama-Administration genötigt fühlte, dem sofort zu widersprechen. Auf
den Internetseiten der Tagesschau vom 17. Juli 2016 wird berichtet, dass
US-Außenminister Kerry »in einem Telefonat mit seinen Amtskollegen Çavuşoğlu die
Spekulationen über eine Verwicklung der USA in den gescheiterten Putsch
energisch zurückgewiesen« habe. Zudem stünde in einer Erklärung des
US-Außenministeriums, dass diese »völlig falsch und schädlich für unsere
bilateralen Beziehungen« seien.
Die tatsächlichen Nutznießer
Für das AKP-Regime kommt dieser Putschversuch wie gerufen. Selbst
Erdoğan
nannte es als einen »Segen Gottes«, der nun die Möglichkeit gebe, »alle
verräterischen Elemente in den türkischen Streitkräften festzustellen«, so auf
seiner Pressekonferenz im Istanbuler Flughafen. Das Regime nutzt jetzt die
Gelegenheit, Schritte zu unternehmen, die ihre Herrschaft langfristig sichern
sollen. Presseberichten zufolge hat das Regime die von Erdoğan angekündigte »vollständige Säuberung«
begonnen und bisher mehr als 6.000 Personen, darunter ca. 2.800 Richter und
Staatsanwälte festgenommen. So wird der gleichgeschaltete Justiz- und
Staatsapparat vollständig unter die Kontrolle des »Palastes« gebracht. Selbst
bürgerliche Medien berichten, dass »nicht nur mutmaßliche Unterstützer des
Putsches, sondern auch völlig unbeteiligte Kritiker Erdoğans festgenommen
würden« (FAZ).
Am zweiten Tag nach dieser verwirrenden Nacht steht
ohne Frage fest: der tatsächliche Nutznießer dieses gescheiterten Putsches ist
das AKP-Regime. Daher ist dem Chefredakteur des Neuen Deutschlands, Tom
Strohschneider zuzustimmen, der in seinem ersten Kommentar folgendes
feststellte: »Der Aufstandsversuch von Teilen des Militärs
allerdings wird ebenso wenig etwas an der sich beschleunigenden Entwicklung des
Landes in Richtung Autokratie ändern. Im Gegenteil: Unter dem Strich wird es
ein Putschversuch nicht gegen, sondern für Erdoğan gewesen sein.«
Das bedeutet aber keineswegs, dass Erdoğan diesen Putschversuch inszeniert hat. Das Regime wusste davon
oder ahnte es, war darauf vorbereitet, hat womöglich die Putschisten
erfolgreich manipulieren können und nutzt nun das »dilettantische« Vorgehen als
eine Gelegenheit. Die Bombardierung des türkischen Parlaments und anderer
Regierungsgebäuden sowie die Tötung von Zivilisten und tödliche Zusammenstöße
mit Polizeieinheiten waren höchst wahrscheinlich Verzweiflungstaten der
alleingelassenen Putschisten, was von der Regierung nicht verhindert werden
konnte. So oder so; der gescheiterte Putsch wurde für Erdoğan für die
Installation eines autoritären Präsidialsystems und für die Ausschaltung seiner
Kritiker zu einer riesigen Chance.
Dennoch, dieser Prozess begann nicht am 15. Juli,
sondern hat eine Vergangenheit, die unmittelbar nach den Parlamentswahlen am 7.
Juni 2015 an Tempo gewonnen hat. Die Wahlergebnisse hatten den Präsidialträumen
Erdoğans ein abruptes Ende bereitet. Die Alleinregierung der AKP und eine
verfassungsändernde Mehrheit war verhindert worden. Gleich danach begann ein
Prozess der Eskalation der Gewalt und des Krieges, welcher am 1. November 2015
in einem wiederholten Wahlsieg der AKP mündete. Eine Angst- und
Erpressungsatmosphäre, die bewusste Förderung der gesellschaftlichen Spaltung
und das Schüren des türkischen Nationalismus sowie des sunnitischen
Konfessionalismus sicherte der AKP die Macht. Eine Macht, die zwar große Teile
der nationalistischen, sunnitisch-konservativen Bevölkerungsmehrheit hinter der
AKP scharrte, aber gleichzeitig rund die Hälfte der Bevölkerung dem Regime
feindlich gesinnt gegenüberstellte.
Auf der anderen Seite war das Regime außenpolitisch
gescheitert. Was als »strategische Tiefe« der türkischen Außenpolitik
deklariert wurde, entpuppte sich am Ende als »noble Einsamkeit«, sprich:
außenpolitische Isolation und das Regime musste zurückrudern. Im Grunde war die
»noble Einsamkeit« nur der Ausdruck des außenpolitischen Desasters – insbesondere
in der Syrienpolitik. Die arrogante und verblendete Wahrnehmung der
Machtverhältnisse und politischen Realität kam dem Regime teuer zu stehen: Erdoğan
und seine AKP mussten einsehen, in welchem Maße die Türkei von den USA und der
EU abhängig ist.
Seit Mitte 2013 ist das Regime dabei, eine auf
Schadensbegrenzung orientierte reaktive Außenpolitik zu verfolgen.
Offensichtlich rechnen Erdoğan und seine Leute damit, die strategischen
Partnerschaften erneuern und somit ihre Herrschaft absichern zu können. Diese
Rechnung könnte durchaus aufgehen, denn das Angebot ist attraktiv: Ein
diktatorisches Regime, das den globalen Kapitalflüssen gegenüber offen ist, das
bewiesen hat, eine neoliberale Wirtschaftspolitik par excellence umzusetzen und
die Kämpfe der Lohnabhängigen und weitere Widerstandspotentiale
zurückzudrängen. Ein Regime, das mit der autoritären Regierungsführung die
erforderliche »Stabilität« sichert und nicht davor zurückscheut, mit paramilitärisch
umgebauten Polizeikräften und der militärischen Gewaltmaschinerie sowohl gegen
die eigene Bevölkerung als auch, wenn notwendig, gegen die Nachbarländer
vorzugehen. Ein Regime, das bereit ist, als strategischer Partner und
schlagkräftige Vorhut imperialistischer Mächte zu fungieren, die Interessen
nationaler wie internationaler Monopole zu schützen und als williger Gendarm
für die Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens zu dienen. Und als Bonbon
dazu: die geostrategisch, geopolitisch und geoökonomisch unschätzbare Lage des
Landes. Ohne Frage: Geht es um den freien Zugang zu Märkten und
Energieressourcen in der Region und um die Kontrolle der Transportwege, spielt
die Türkei eine Schlüsselrolle.
Erdoğan und seine Regierung bauen auf diese
Schlüsselrolle und auf die weiterhin vorhandene gesellschaftliche
Unterstützung, die sie dank des Putschversuches in den letzten Tagen wieder
konsolidieren konnten. Zudem kommt der Umstand, dass sıe neben den
gesellschaftlichen Kerngruppen ihrer Unterstützer nahezu alle türkischen
Kapitalfraktionen, die zivile wie militärische Staatsbürokratie und
nationalistisch gesinnten Kräfte hinter ihnen versammelt haben. Demgegenüber
ist die bürgerliche Opposition macht- und einflusslos, und nicht nur das: nach
dem Putschversuch konnte das Regime sowohl die neofaschistische MHP als auch
die kemalistische CHP-Führung auf ihre Seite ziehen. Bisher hatten die USA und
die, in der Flüchtlingsproblematik auf die Türkei angewiesene EU dem Treiben
lautlos zugesehen. Auch wenn jetzt Washington die AKP auffordert, bei der
Verfolgung der Putschisten »die Gesetze zu beachten« und die EU »vor Willkür
warnt«, so gibt es gute Gründe anzunehmen, dass sowohl die USA, die NATO und
die EU, als auch die türkische Monopolbourgeoisie das Regime weiter unterstützen
werden — solange die ökonomischen Verhältnisse im Land unangetastet bleiben.
Es gibt keinen Grund, die Flinte ins
Korn zu werfen
In den sozialen Medien ist seitens der
oppositionellen Kräfte zu lesen, dass die AKP noch schneller und stärker das autoritäre
Präsidialsystem installieren werde. Auch aufgrund der Bilder von übermäßig
feiernden AKP-Anhänger*nnen, der zur Schau getragenen Übermut von
AKP-Politikern sowie bedrohlich demonstrierenden Jihadisten scheinen
demokratische und laizistische Kräfte wie paralysiert zu sein. In einigen
Kommentaren ist die Ohnmacht vor der Machtfülle des Regimes zu spüren. Das ist
nachvollziehbar, aber noch lange kein Grund dafür, die Flinte ins Korn zu
werfen.
Zum einen ist festzustellen, obwohl die Regierung
in den letzten Tagen quasi fast 24-Stunden lang von den Minaretten der rund
85.000 Moscheen zu Demonstrationen aufrufen ließen und Erdoğan sowie der
Ministerpräsident Yıldırım persönlich die Menschen aufgefordert haben, auf die
Straße zu gehen, landesweit gerade mal einige Hunderttausend und keine
Millionen diesen Aufrufen gefolgt sind. Eventuelle Provokationen, so z.B.
Zusammenstöße mit oppositionellen Kräften anzuzetteln, haben nicht gegriffen. Die
Darstellung in den bürgerlichen Medien, dass »breite Bevölkerungsteile den
Putsch verhindert« hätten, entspricht nicht der Realität. Vielerorts waren
fanatische AKP-Anhänger*innen auf der Straße gegangen, die erst dann aktiv
wurden, nach dem sich viele am Putsch beteiligten Soldaten ergaben. Oppositionelle
Teile der Bevölkerung haben sehr schnell begriffen, dass das AKP-Regime diesen
Putschversuch für ihre Zwecke instrumentalisiert und von ihrem autoritären Weg
nicht abweichen wird. Gerade in den kurdischen Gebieten ist es besonders ruhig
geblieben. Im Übrigen, das ist dem sorgfältigen und behutsamen Vorgehen der
kurdischen Befreiungsbewegung zu verdanken. Sie haben den Putschversuch nicht
ausgenutzt, um militärische Angriffe durchzuführen oder die kurdische
Bevölkerung zu Demonstrationen aufzufordern. Im Gegenteil, sie riefen die
kurdische Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und wiesen daraufhin, dass das ein
Machtkampf im Staate ist.
Zum anderen wurden für die laizistischen und
kemalistischen Bevölkerungsteile die türkischen Streitkräfte, in denen sie ihre
letzte Bastion und Beschützer gesehen haben, völlig entzaubert. Nun sehen sie
das, was Linke seit Jahren unterstreichen, nämlich, dass die türkische Armee
eine Armee der Herrschenden ist und nicht die des Volkes. Die gesamte
Armeeführung steht hinter der AKP-Regierung. Gleichzeitig mussten sie, wenn
auch für wenige Stunden, am eigenen Leibe erleben, was in den kurdischen
Gebieten seit Jahrzehnten die Realität ist: den Krieg. Wer innerhalb dieser
Kreise noch der Hoffnung war, die Armee würde sie vor der Islamisierung und dem
AKP-Regime irgendwie schützen, dürfte diese Hoffnung längst verloren haben.
Es ist zu konstatieren: das Regime wird weiter
versuchen, den Weg in die offene AKP-Diktatur zu verfolgen und dafür die
entstandene Chance zu nutzen. In diesem Zusammenhang werden die »Säuberungen«
weitergehen und höchst wahrscheinlich noch ausgeweitet werden. In der
Öffentlichkeit wird das Regime versuchen, das Bild eines »demokratischen
Widerstandes der Bevölkerung« zu pflegen und damit ihr weiteres Vorgehen zu
legitimieren. Noch sind dem Regime die Unterstützung ihrer westlichen strategischen
Partner und der türkischen Bourgeoisie sicher. Doch die gesellschaftliche
Unterstützung bleibt brüchig: bald wird die ökonomische Realität die armen
Bevölkerungsteile eingeholt haben. Die Abhängigkeit von den westlichen Partnern
wird wachsen, die Regierung wird sich den Diktaten der USA und der BRD fügen
müssen. Auch wenn die Installation eines diktatorischen Regimes die
AKP-Herrschaft zu sichern scheint, so wird genau ein solches Regime seine eigenen
Totengräber produzieren. Der erfolgreiche Widerstand der kurdischen
Befreiungsbewegung, die noch nicht mit einander verbundenen Widerstandsherde,
laizistische Gegner des Regimes, die schwachen, einzelnen, aber in der Tendenz
breiter werdenden Arbeitskämpfe, Aktivist*innen der LGBTI*-, Umwelt-, Antiprivatisierungs-
und anderen Sozialbewegungen bilden das Potential einer, den kurdischen Osten
und den türkischen Westen verbindenden gesellschaftlichen Gegenmacht von unten.
Jetzt gilt es, dieses Potential zu nutzen und ein breites gesellschaftliches
Bündnis für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und
Demokratisierung aufzubauen. Die Chancen für ein solches Bündnis sind nach
diesem Putschversuch größer geworden. Die Verantwortung jedoch dafür obliegt in
erster Linie den türkischen Linken und der kurdischen Befreiungsbewegung –
nämlich die Herausforderung zu meistern, das Trennende beiseite zu schieben und
den gemeinsamen Kampf für die gemeinsamen Interessen aufzunehmen. Diese
verwirrende Nacht hat es bestätigt: noch ist das letzte Wort in der Türkei nicht
gesprochen. Eine demokratische Alternative ist möglich und wird nicht lange auf
sich warten lassen.
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